Bild von links: Tam, Gaby R., Gaby F., Mark, Jan. Vorne: Digitus (Foto: Tam Tran Thi)

 

Zum Wohl des Unternehmens

 

Bei iteratec, einem Softwareunternehmen in München, waren Tam und ich das erste Mal im Sommer 2019 bei einer Veranstaltung. Damals hat es uns so gut gefallen, dass wir gar nicht mehr gehen wollten. Deshalb haben wir alles daran gesetzt, nochmals vorbeizuschauen: um die pinken Tiger zu besuchen und um von Mark Goerke, Jan Rehm und Gaby Reiter zu erfahren, wie das war mit dem Gründen einer Genossenschaft, die den Mitarbeitern gehört. Und was sich dadurch alles geändert hat – und noch ändern wird.

 

Die Entscheidung

 

Mark Goerke, einer der beiden Gründer und Geschäftsführer erzählt uns ziemlich offen, was den Ausschlag gab, eine Genossenschaft zu gründen. Mehr als 20 Jahre nach der Gründung von iteratec stellten er und sein Mitgründer, Klaus Eberhardt, sich die Frage: Wer kann in Zukunft am besten über das Wohl des Unternehmens entscheiden?

 

„Bald war klar, dass wir das einem Dritten, also einem externen Investor, der quasi reinregiert, nicht zutrauen“, gibt Mark unumwunden zu. „In unsere Mitarbeiter, die oft schon sehr lange dabei sind und unser Geschäft und unsere Kunden bestens kennen, haben wir dieses Vertrauen.“

 

Also fingen die beiden an, nach Modellen Ausschau zu halten, die sich so gestalten ließen, dass die Vorstellungen aller Beteiligten vereinbar sind. Rund zwei Jahre hat es gedauert, bis das Konstrukt der Genossenschaft in ihren Köpfen Form angenommen hatte.

 

Die Ankündigung

 

Als die Entscheidung gefallen war, wurden in einem „All-Staff-Meeting“ die Mitarbeiter aller Standorte eingeweiht. Das war im März 2018. Mehr als 350 Menschen arbeiten übrigens bei iteratec zusammen, die meisten davon sind Informatiker.

 

Jan Rehm und Gaby Reiter, die mit uns am Tisch sitzen, sind beide Physiker und damit die Ausnahme von der Regel. Sie waren damals dabei und erinnern sich gut an die Reaktionen ihrer Kolleginnen und Kollegen: „Spontan gab es stehende Ovationen“, erinnert sich Jan, „Das Vertrauen, das die Geschäftsführer in uns setzten, war spürbar.“

 

"Am Anfang werden wir nicht gleich die Welt regieren.“

 

Dennoch gab es auch Irritationen. Gaby gibt zu: „Zuerst war ich überfordert, da ich nicht einschätzen konnte, was das alles bedeutet. Doch bald war mir klar, dass für mich der logische Schritt ist, mich an der Genossenschaft zu beteiligen, wenn ich bei iteratec bleiben will. Auch wenn wir am Anfang nicht gleich die Welt regieren werden.“

 

Es gab auch Kollegen, die von der Idee nicht sehr begeistert oder gar davon verunsichert waren. Denn: wer Genossenschaftsmitglied sein will, beteiligt sich mit einem Geldbetrag.

 

Die Satzung

 

Doch bis es so weit war, verging noch einige Zeit, und viel Arbeit war gefordert. Vor der Gründung einer Genossenschaft (eG) wird die Satzung erstellt. Der Herausforderung, dieses auf lange Zeit gültige Dokument auszuarbeiten, haben sich rund 25 Kolleginnen und Kollegen samt Geschäftsführung gestellt.

 

Rund 9 Monate hat es gedauert, bis die Satzung für alle stimmig formuliert war. „Das war mächtig viel Arbeit“, so Jan, der an der Satzung mitgeschrieben hat. „Wir hatten ja alle keine Erfahrung mit dem Genossenschaftsrecht und haben ziemlich viel gelernt.“ Mark ergänzt: „Es gibt keine Blaupause für so ein Vorhaben, zumal wir ein besonderes Konstrukt gewählt haben.“

 

Die Gründung

 

Im Dezember 2018 wurde schließlich die Gründungsversammlung einberufen und die Genossenschaft wurde gegründet. Mit Unterzeichnung der Satzung und damit ihrer Akzeptanz wurden damals 218 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu Gründungsmitgliedern. „Das war eine großartige Quote und zeigte, dass unser Gespür richtig war“, freut sich Mark. Anschließend wurden Vorstand und Aufsichtsrat gewählt.

 

Gaby Reiter, die den Münchner Standort als Aufsichtsrätin vertritt, beschreibt ihre Aufgaben in dieser Rolle als bisher überschaubar. Dennoch hat sie schon viel gelernt und wird mit ihren Kolleginnen und Kollegen in Kürze eine Weiterbildung zu den Aufgaben von Aufsichtsräten besuchen. Hier sei hinzugefügt: Ein Engagement in der Genossenschaft ist ein „privates Vergnügen“, das heißt, all die Aufgaben werden zusätzlich zur täglichen Arbeit erledigt. Dabei gilt: Es gibt keine 2-Klassen-Gesellschaft. Wer nicht Mitglied in der Genossenschaft ist, hat keinerlei Nachteile bei iteratec.

 

Es dauerte übrigens noch einmal fast 5 Monate, bis die Genossenschaft schließlich im Genossenschaftsregister eingetragen war.

 

iteratec Digitalisierung

 

Die Voraussetzung

 

"Nicht alle Menschen wollen mitentscheiden, wie „ihr“ Unternehmen geführt wird.“

 

Uns interessiert natürlich brennend, welche Kultur in einem Unternehmen gegeben sein sollte, wenn man dieses in die Hände der Mitarbeiter legt. Denn: dieses Modell ist noch nicht wirklich populär, auch wenn sich Genossenschaften gerade wachsender Beliebtheit erfreuen (auch bei uns im Klub, wie Kenner wissen). Mark schmunzelt wissend und weiht uns ein:

 

„Eine Umwandlung eines bestehenden Unternehmens in eine Genossenschaft ist relativ schwierig. Das haben wir bei unseren Recherchen herausgefunden. Nicht alle Menschen wollen unbedingt mitentscheiden, wie „ihr“ Unternehmen geführt wird.“

 

An dieser Stelle sei erwähnt, dass eine Genossenschaft nicht basisdemokratisch in allen Belangen funktioniert. Operativ wird eine eG vom Vorstand geführt, die Mitglieder haben in der Mitgliederversammlung das Recht, über bestimmte, in der Satzung festgelegte Punkte, gegebenenfalls auch über Ausschüttungen, abzustimmen.

 

Mark weiter: „Bei iteratec war es von Anfang an so, dass wir nur die minimalst notwendigen Hierarchien etabliert haben, das heißt, alle hier haben einen hohen Freiheitsgrad. Wir setzen auf intensiven Austausch innerhalb der Netze, auf Selbstverantwortung und auf agiles Arbeiten. Führung heißt bei uns Fürsorge. Wir halten außerdem nichts von Incentivierung und individuellen Zielvereinbarungen. Bei uns gibt es kein Abteilungsdenken, wir alle sind ein Team.“

 

Das alles klingt ziemlich skandinavisch, finden wir!

 

„Zahlen sind das Ergebnis guter Arbeit!“

 

Hinzu kommt, dass das Unternehmen und seine Macher überhaupt nicht zahlengetrieben sind. „Zahlen sind das Ergebnis guter Arbeit!“ drückt es Mark ganz deutlich aus und eröffnet uns: „Ich habe noch nie in meinem Leben einen Businessplan geschrieben.“

 

Die Kultur

 

Die Menschen, die zu iteratec finden, sind demnach alles „kantige“ Persönlichkeiten, die über den Tellerrand schauen und für die Kunden mitdenken. Das heißt, sie führen nicht einfach alles aus, was die Kunden fordern, sondern suchen aktiv nach den besten Lösungen. „Dennoch“, so stellt Mark klar, „haben wir bisher jedes Kundenprojekt im Sinne unserer Kunden erfolgreich abgeschlossen. Meistens viel besser, als sie es erwartet hatten.“

 

Wenn so viele außergewöhnliche Menschen zusammen arbeiten, kommt es natürlich zu intensiven Diskussionen – auf hohem Niveau. Denn sie alle fühlen sich verantwortlich. Sie wollen an coolen Projekten mitwirken und sich auf Augenhöhe mit anderen austauschen. Das Recruiting läuft bei iteratec folglich auch anders als woanders: „Hier werden Menschen eingestellt, weil sie gut sind und unser Team ergänzen. Nicht weil wir gerade jemanden brauchen.“ So wächst die Mitarbeiterzahl, und die Umsätze folgen.

 

„Die Haltung bei iteratec ist: Meinungen teilen."

 

Jan und Gaby jedenfalls sind sich sicher, am richtigen Platz zu sein. Jan ergänzt: „Die Haltung bei iteratec ist schon immer: Meinungen teilen. Als wir vor 2 Jahren umgezogen sind, haben wir alle mitdiskutiert, wie die Büros eingerichtet und verteilt werden sollten. Wir sind sogar zu Zehnt zu einem Büroausstatter gereist und haben uns 2 Tage lang verschiedene Konzepte angeschaut.“

 

„Gefragt zu werden ist immer besser, als Entscheidungen vorgegeben zu bekommen. Dann steht man auch mehr hinter dem Ergebnis“, fügt Gaby hinzu.

 

Als es damals darum ging, eventuell flexible Arbeitsplätze einzurichten, sodass sich jeder täglich einen Schreibtisch aussuchen kann, wurde das von den Mitarbeitern nicht unterstützt. Stattdessen hat nach wie vor jeder Einzelne seinen/ihren eigenen Schreibtisch, selbst wenn manche nicht jeden Tag im Büro sind. Die einzigen, die tatsächlich keinen festen Arbeitsplatz mehr haben, sind die beiden Geschäftsführer.

 

Na, das ist doch wirklich mal alles andere als „normal“. Das gefällt uns!

 

PS: Der pinke Tiger heißt übrigens Digitus. Ihn zu reiten, ist eine Herausforderung, genau wie die Digitalisierung: Das Tempo wird immer schneller, man weiß nicht genau, wo die Reise hingeht und man sollte sicher auf dem Tiger reiten. Denn wer runterfällt, riskiert, gefressen zu werden.

 

Über iteratec:

iteratec ist der IT-Dienstleister mit der höchsten Kompetenzdichte. So nennen sie das Verhältnis zwischen gesamter Teamkompetenz zur Teamgröße, das heißt zur Anzahl der Mitarbeiter.

Die Menschen bei iteratec entwickeln individuelle Softwaresysteme, gestalten große Systemlandschaften und übernehmen technologische Führung.

Mehr als 350 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tun das an sieben Standorten für Kunden aus dem Mittelstand und für Großunternehmen.

Mehr zu iteratec

 

Kontakt zu:

Mark Goerke via XING

Dr. Jan Rehm via XING

 

Über den Klub der Kommplizen:

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